Themenwoche: Grundbildung
Am 08. September ist Weltalphabetisierungstag. Von der UNESCO ins Leben gerufen, erinnert er uns jährlich daran, dass auch in Deutschland Kompetenzen wie Lesen, Schreiben oder Rechnen nicht selbstverständlich sind. Vor welchen Herausforderungen stehen Menschen mit Grundbildungsbedarfen, wenn Voraussetzungen für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben eingeschränkt sind? Was heißt Grundbildung heute und was hat das mit Politischer Bildung zu tun? Diesen Fragen widmen wir uns in der Themenwoche: Grundbildung.
Grundbildung – auf den ersten Blick ein abstrakter und wandelbarer Begriff. Er beschreibt notwendige Minimalvoraussetzungen an Kenntnissen, Fertigkeiten und Kompetenzen, die für die Orientierung und das aktive Handeln eines Menschen heute in der Gesellschaft und im Berufsleben notwendig sind. Neben Grundkompetenzen wie Lesen, Schreiben und Rechnen verstehen wir als Grundbildung u.a. auch digitale Grundkenntnisse, finanz- und gesundheitsbezogene Grundkompetenzen sowie politische Grundbildung.
Letztere ist ein wichtiger Baustein in der politischen Bildungsarbeit mit Jugendlichen und Erwachsenen, wenn es darum geht, Menschen in benachteiligten Lebenslagen (besser) zu erreichen. Jugendliche wie Erwachsene mit Grundbildungsbedarfen haben in ihrer Vergangenheit häufig schlechte Bildungserfahrungen gemacht. Das Beratungs- und Weiterbildungsangebot der Politischen Bildung sollte daher an die unterschiedlichen Bedarfe und Bedürfnisse angepasst sein, damit sie sich angesprochen fühlen und von der Teilnahme und Teilhabe nicht ausgeschlossen werden.
Dass Menschen, die unsicher im Lesen und Schreiben sind, eher von Ausschlüssen von politischer Teilhabe betroffen sind, zeigt die Studie LEO 2018 – Leben mit geringer Literalität.
Dort wurden Menschen zwischen 18 und 64 Jahren u.a. zur regelmäßigen Ausübung von politischen Praktiken befragt wie: Nachrichten lesen, sich über das aktuelle politische Geschehen schriftlich austauschen, Nachrichtensendungen ansehen, die eigene Haltung zum Ausdruck bringen, sich ehrenamtlich engagieren oder das eigene Wahlrecht wahrnehmen.
In den meisten politischen Praktiken, in denen schriftsprachliche Kompetenzen erforderlich sind, zeigt die Studie im Vergleich zu der Gesamtbevölkerung eine niedrigere Beteiligung von Menschen, die unsicher im Lesen und Schreiben sind. So gaben nur 62,2 Prozent der Erwachsenen mit geringer Lese- und Schreibkompetenz an, immer bzw. meistens ihr Wahlrecht wahrzunehmen. In der Gesamtbevölkerung lag dieser Wert mit 87,3 Prozent deutlich höher.[1]
Aus der Studie wird sichtbar, wo es zu Ausschlüssen von politischer Teilhabe von Menschen mit Grundbildungsbedarfen kommt. Umso wichtiger ist es, politische Grundbildung zu stärken, um Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen von Teilhabe ausgeschlossen sind, eine bessere politische Partizipation zu ermöglichen. Denn nur wenn alle mitgenommen werden, kann auch die Demokratie gestärkt werden.
[1] Grotlüschen, Anke; Buddeberg, Klaus; Dutz, Gregor; Heilmann, Lisanne; Stammer, Christopher (2019): LEO 2018 – Leben mit geringer Literalität. Pressebroschüre, Hamburg, S. 34.