Politischer Bildung droht Verstaatlichung – „Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel"
Zunehmende Versuche der Politik, die Zentralen der politischen Bildung stärker an Regierung und Parlamentsmehrheiten zu binden, beklagt der Bundesausschuss für politische Bildung (bap) in einer Erklärung.
In mehreren Bundesländern seien entsprechende Maßnahmen bereits umgesetzt oder in Vorbereitung. In anderen Bundesländern liefen zwar Überlegungen für Gesetzesinitiativen, solche Angriffe abzuwehren, drohen dann aber dennoch in einem Verlust von Unabhängigkeit zu enden. Und auch auf der Bundesebene seien zurzeit verstärkt Organisationseingriffe des zuständigen Bundesministeriums zu beobachten, die die Unabhängigkeit der Zentrale der politischen Bildung beschneiden. „Wir sehen überall eine Tendenz zur Verstaatlichung der politischen Bildung. Das ist mit dem Selbstverständnis einer offenen, von einer kritischen Öffentlichkeit getragenen Zivilgesellschaft nicht vereinbar. Hiergegen erheben wir deutlichen Einspruch.“ klagt Wilfried Klein, Vorsitzender des bap.
Anlass für die Klage sind die Entwicklungen in Nordrhein-Westfalen, Berlin, Thüringen und bei der Bundeszentrale für politische Bildung.
In Nordrhein-Westfalen hat die zuständige Ministerin im letzten Jahr die Landeszentrale zerschlagen, wichtige Aufgabenbereiche direkt an die Ministeriumsleitung gebunden und dem Rest der Landeszentrale erhebliche Mittelkürzungen verordnet. Erst durch erhebliche Proteste wurden die Einschnitte teilweise abgemildert, ohne sie aber rückgängig zu machen.
Im Land Berlin laufen zurzeit in der neuen Senatsmehrheit ebenfalls Bestrebungen, die bislang gültige Unabhängigkeit der Landeszentrale für politische Bildung aufzuheben und direkt der Senatsverwaltung zu unterstellen.
Im Land Thüringen läuft der löbliche Versuch, der Landeszentrale per Gesetzesgrundlage eine dauerhafte Existenz und Überparteilichkeit zu sichern, am Ende darauf hinaus, dass die Landeszentrale ihr Programm von der Parlamentsmehrheit billigen lassen muss.
Und bei der Bundeszentrale für politische Bildung wird eine noch von der CSU-Hausleitung eingeleitete und von dem SPD-Ministerium fortgesetzte Organisationsuntersuchung dazu führen, dass die ohnehin schon durch Eingriffe des Ministeriums geprägte „Fachaufsicht“ verstärkt wird.
„Diese Beispiele zeigen einmal mehr: Organisationsfragen sind Machtfragen. Eine politische Bildung aber, die glaubwürdig sein will und einen Beitrag zur Stärkung der demokratischen, widerstandsfähigen Gesellschaft leisten soll, muss kritisch sein, muss eine m a c h t kritisch sein. Und braucht Zentralen der politischen Bildung, die unabhängig und im besten Wortsinne staatsfern sind. Im Augenblick beobachten wir das genaue Gegenteil.“ schließt Klein.
Quelle: bap-politischebildung.de