Politische Bildung testet: Kanzlersimulator
Tools & Games zur Politischen Jugendbildung gibt es viele, aber sind sie auch für Deinen Einsatz als Bildner*in geeignet? Die Redaktion vom Blog Politische Jugendbildung macht den Check. Wir stellen Euch im Rahmen unserer Testwoche spannende Materialien zur Politischen Bildung vor und nehmen sie genau unter die Lupe. Los geht’s mit dem Kanzlersimulator …
Das alles und noch viel mehr, würd‘ ich machen, wenn ich Kanzler*in von Deutschland wär… Oder doch nicht? Mit dem Kanzlersimulator lässt sich spielerisch eine Legislaturperiode erleben und was es bedeutet, im Regierungsgeschäft tätig zu sein. Als »Chef*in von Deutschland« treffen wir bei diesem Simulationsspiel in hohem Tempo politische Entscheidungen. Angefangen bei Wahlversprechen, Gesetzesvorlagen und Staatshaushalt, von Konflikten mit den Koalitionspartnern bis hin zu missglückten TV-Auftritten. Die Bandbreite der Themen, um die wir uns kümmern müssen, ist groß.
Erfolgreich ist nur, wer am Ende wiedergewählt wird.
Auf einen Blick
Name: Kanzlersimulator
Zielgruppe: Jugendliche und junge Menschen ab ca. 13 Jahren
Dauer: Die Dauer kann individuell eingestellt werden. Es kann eine Spieldauer von 15, 30, 40 oder 60 Minuten ausgewählt werden. Für Anfänger*innen empfehlen wir 40 Minuten Zeit zu verwenden.
Link: https://www.planet-schule.de/demokratie/kanzlersimulator/
Herausgegeben von: Südwestrundfunk (SWR) und Westdeutscher Rundfunk (WDR), Planet Schule
So funktionierts
Im Kanzlersimulator können die Spieler*innen den Beginn und Verlauf einer Legislaturperiode erleben. Ziel des Spiels ist es, als Kanzler*in unsere Wahlversprechen umzusetzen und wiedergewählt zu werden.
Zu Beginn können wir die Zeit für die Simulation festlegen. Eine grafisch gut aufbereitete Kurzanleitung macht uns schnell mit dem Spiel vertraut. Im Anschluss dürfen wir unseren Avatar selbst gestalten. Nun können wir in diversen Themenfeldern unterschiedliche Versprechungen vor der Wahl machen, über diese können wir uns auf Wunsch auch genauer informieren. Jetzt wählen wir noch die Partei aus, für die wir zur Wahl antreten. Haben wir folgerichtige Entscheidungen getroffen, wird unsere Partei bei der Bundestagswahl gewählt.
Nun beginnt das eigentliche Spiel. Die anfangs eingestellte Zeit tickt erbarmungslos runter. Alle unsere Entscheidungen stehen somit unter einem gewissen Zeitdruck. Wir befassen uns mit der Koalitions- und Regierungsbildung und stellen einen Haushalt auf. Wir wollen unsere Wahlversprechen einlösen und Gesetzesvorhaben umsetzen. Hierfür stehen uns verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Es zeigt sich schnell, Mehrheiten für ein Gesetzesvorhaben zu bekommen ist, oft harte Arbeit. Zwischendrin bekommen wir immer mal wieder Tipps von unserem Politikberater und interagieren auf unterschiedliche Weise mit Medien.
All unsere Handlungen werden mittels eines Politbarometers und Sachpunkten gewertet, die uns zeigen, wie unser Vorgehen bewertet wird. Am Ende steht die Bundestagswahl. Nur wenn wir politisches Geschick und diplomatisches Fingerspitzengefühl bewiesen haben, können wir sie gewinnen.
Im Check
Vermittlung von Inhalten
Der Kanzlersimulator vermittelt anschaulich und kurzweilig das komplexe Zusammenspiel im Regierungsgeschehen. Spielerisch erfahren wir im Vorbeigehen viel über das politische System in Deutschland, Konzepte wie Koalition und Opposition, die vielen verschiedenen Erwartungen an das höchste Regierungsamt und damit einhergehende Konflikte sowie die Rolle des Plenums und der Fachausschüsse bei der Gesetzgebung. Auch das Zusammenspiel mit Medien wird beleuchtet. Allerdings, ohne grundlegende Kenntnis des Gesetzgebungsprozesses in Deutschland könnte es für Spielende etwas schwer werden, den Spielprozess zu verstehen.
Das Spiel ist an die realen Verhältnisse angelehnt und berücksichtigt die Positionen verschiedener politischer Lager. Bei einer Spieldauer von 15 Minuten existiert ein so großer Zeitdruck, dass die meisten Fenster schnell weggeklickt werden müssen, sodass die Vermittlung der Inhalte recht kurz kommt. Empfehlenswert ist es auf jeden Fall eine längere Spielzeit auszuwählen. Schön wäre es, wenn das Spiel einen geschlechtsneutralen Namen hätte und nicht die maskuline Form verwenden würde.
Handhabung
Die Kurzanleitung bietet einen schnellen Überblick über die Möglichkeiten im Spiel. Man wird insgesamt gut durch den Spielprozess geleitet und erhält immer wieder Hilfestellungen. Während des eigentlichen Spiels könnten Spielende jedoch schnell überfordert von den sich bewegenden Icons und Auswahlmöglichkeiten sein. Für Anfänger*innen empfiehlt sich deshalb die Auswahl einer längeren Spielzeit, sodass man sich im Spiel mit den Möglichkeiten vertraut machen kann. Viele der Entscheidungen, die getroffen werden müssen, sind ohne ein Verständnis des politischen Prozesses nicht immer nachvollziehbar.
Die Benutzer*innenführung bleibt aber durchgehend intuitiv, Personen, die nur wenig Erfahrung mit Computerspielen etc. haben, wird es jedoch schwerer fallen zu wissen, was in den jeweiligen Fenstern gemacht werden muss.
Beim Einsatz des Spieles im pädagogischen Kontext empfiehlt es sich, die spielenden Personen auch mit Hintergrundwissen zum politischen Prozess zu unterstützen.
Motivationsfaktor
Der Motivationsfaktor ist sehr hoch. Das Spiel ist witzig gemacht, liebevoll animiert und illustriert. Viele verschiedene Handlungsmöglichkeiten und Einspieler lassen eine Legislaturperiode wie im Flug vorbeigehen. Die ablaufende Zeit ist ein zusätzlicher Motivator.
Unser Fazit
Der Kanzlersimulator ist ein witziges und temporeiches Tool, das die Prozesse innerhalb einer Legislaturperiode sehr gut vermittelt und gleichzeitig nie langweilig wird. Jugendliche mit grundlegenden Kenntnissen zum politischen Prozess sowie Erfahrung im Gaming-Bereich werden mit dem Spiel gut klarkommen. Alle anderen brauchen gegebenenfalls an der einen oder anderen Stelle Unterstützung. Für die sonst oft trockene Vermittlung des politischen Prozesses bietet das Tool eine gelungene Abwechslung.