Bildungsbaustein mit Methoden zum NSU-Komplex
Auch fast sechs Jahre nach der Selbstenttarnung des NSU sind wenige gesamtgesellschaftliche Konsequenzen aus den Taten des rechten Terrornetzwerks spürbar. Behörden, Medien und Zivilgesellschaft zogen und ziehen weiterhin kaum Schlüsse aus dem offenbar gewordenen mörderischen Rassismus: In München beharrt die Bundesanwaltschaft wider der dargelegten Fakten weiterhin auf dem Trio-Konstrukt und trägt damit dazu bei, dass neonazistische Netzwerke unaufgedeckt und Fragen sowie Forderungen der Betroffenen unbeantwortet bleiben. In Thüringen tritt ein bisheriges Novum auf, CDU und AfD stimmen gemeinsam gegen einen Entschädigungsfonds und eine Gedenkstätte für die Opfer des NSU. In Kassel bleibt die Forderung der Familie Yozgat nach einer Straßenumbenennung in „Halitstraße“ weiterhin ungehört.
Auch in Hamburg gibt es die Problematik um ein respektvolles und anerkennendes Gedenken und die der Straßenumbenennung. Auch hier wird verschiedener rassistischer Mordtaten nicht angemessen gedacht: Die Straße, in der Süleyman Taşköprü vom NSU getötet wurde, wird nicht umbenannt. Der Widerstand gegen ein würdiges Erinnern an Nguyễn Ngọc Châu und Đỗ Anh Lân ist ein weiteres Beispiel. Hamburg ist zudem das einzige Bundesland, das als Tatort der NSU-Mordserie bisher keinen Untersuchungsausschuss eingerichtet hat. Am Medienstandort Hamburg lässt sich wenig rassismuskritische Selbstreflexion feststellen, auch das zivilgesellschaftliche Spektrum hat den NSU-Komplex nicht zum Anlass für eine spürbare Zäsur genommen.
Im Bildungsbaustein geht es uns darum, eine rassismuskritische Auseinandersetzung mit dem Terror des NSU und den damit verbundenen gesellschaftlichen Strukturen und Einstellungen, insbesondere für Hamburg, zu erweitern, Widersprüche zu thematisieren und Suchbewegungen nach gesellschaftlichen und individuellen Veränderungen zu unterstützen. In kurzen inhaltlichen Beiträgen werden verschiedene Aspekte beleuchtet: eine Einordnung des NSU-Komplexes - institutioneller Rassismus im Rahmen von Ermittlungen und Polizeiarbeit - Reproduktion von Rassismus in der medialen Darstellung – die Bedeutung von Nation und Nationalismus in diesem Zusammenhang - Einschätzungen zum Verlauf des NSU-Prozesses und den Grenzen und Möglichkeiten des Rechts im Umgang mit Rassismus - Geschlechterverhältnisse in einem rassismuskritischen Kontext mit besonderem Fokus auf den NSU-Komplex und rechte Täterinnen - eine intergenerationale Verwobenheit von Alt- und Neo-Nazis - die Bedeutung von geschützten Räumen und Empowerment als Querschnittsaufgabe in der Bildungsarbeit - Formen des Gedenkens und Erinnerns an Opfer rechter Gewalt und die Rolle von Gedenkpraxen und Repräsentationspolitiken - die Notwendigkeit einer machtkritischen Reflektion der Strukturen, Ansätze und Inhalte der politischen Bildungsarbeit.
Ein Methodenteil bietet Anregungen, verschiedene Aspekte der inhaltlichen Beiträge in der Bildungsarbeit aufzugreifen und für unterschiedliche Zielgruppen zu thematisieren. Die methodischen Vorschläge sollen politische Bildner_innen, Lehrer_innen oder Multiplikator_innen aus der Jugendarbeit sowie alle anderen Interessierten dabei unterstützen, Wege zu finden, wie eine Auseinandersetzung mit dem NSU-Komplex, mit rechtem Terror und gesellschaftlichem Rassismus zielgruppenangemessen ausgestaltet werden kann. Hinweise zu Literatur, Initiativen, Video- und Audiomaterialien schließen den Bildungsbaustein ab.
Der Bildungsbaustein sowie die kompletten Methodendarstellungen stehen zum Download auf den Homepages von empower (https://hamburg.arbeitundleben.de/empower ) und MBT (https://hamburg.arbeitundleben.de/mbt) zur Verfügung. Dort finden sich auch weitere Publikationen der beiden Beratungsprojekte. Die gedruckte Version des Bildungsbausteins ist bei Zusendung eines frankierten und adressierten B4-Umschlags erhältlich.