Politische Bildung testet: was wa(h)r
Die Webseite was wa(h)r bietet allen, die mehr über ihre eigene Familiengeschichte in der Zeit des Nationalsozialismus erfahren möchten, einen Einstieg und eine Unterstützung in die Recherche. Es ist eine Sammlung von Archiven mit Informationen über Verfolgte wie Täter_innen. Ein weiterer Themenstrang sind Interviews mit Expert_innen rund um die Familienforschung. Ziel des Vorhabens von was wa(h)r ist es auch, „eine bewusste Verbindung der eigenen Familie zur Geschichte und ihren Auswirkungen bis heute zu schaffen[1]“, so die Initiator_innen und Ideengeber_innen Lena Voelk und Nina Geromin.
Auf einen Blick
So funktionierts
Die Webseite was wa(hr) bietet zwei übergeordnete Funktionen an: Archivsuche und Interviews. Die Archivsuche ist in zwei Kategorien unterteilt. Die Nutzer_innen können entweder direkt zur Übersicht aller Archive gehen, oder über die individuelle Suchfunktion zur Auswahl von vorgeschlagenen Archiven gelangen. In ihrer Recherche werden die suchenden Personen mit weiterführenden Fragen unterstützt, so dass ihnen am Ende eine Auswahl von Archiven vorgeschlagen wird, die für ihre Suche passend bzw. interessant sein könnte.
Anbei ein Beispiel, wenn Fragen mit ja beantwortet werden können:
Fragen_zum_Familienmitglied_waswahr_screenshot.pdf
Wenn die Suchenden keine Informationen über das Familienmitglied haben, bekommen sie als Unterstützung weiterführende Fragen an ihre Familien sowie im Anschluss ebenfalls eine Auswahl von Archiven.
Screenshot waswa(h)r
Im Check
Vermittlung von Inhalten
Was Wa(h)r bietet allen Nutzer_innen einen niedrigschwelligen Einstieg in die Recherche und Auseinandersetzung mit der eigenen Familiengeschichte. Die Fragen laden dazu ein, genauer hinzuschauen, was in der Familie bekannt ist, wo es Kontinuitäten und / oder Brüche gibt und mit welchen Fragen ein Einstieg in die Recherche erleichtert werden kann. Das Ziel des Projektes ist es u.a., „eine faktenbasierte Verbindung zwischen dem geschichtlichen Hintergrund und einer ganz persönlichen Familiengeschichte herzustellen“[2], um so Antisemitismus und Hass entgegenzutreten. Das Projekt geht auch auf mögliche Hürden und Hemmnisse bei der Auseinandersetzung mit der Familiengeschichte ein. Fragen rund um Schuld und Verantwortung, Tabus und schwierigen Gesprächen, Gefühlserbschaften und anderen herausfordernden Themen werden in Interviews mit Expert_innen aufgegriffen.
Handhabung
Der Aufbau der Webseite ist strukturiert und übersichtlich. Der Fokus liegt auf der Recherche und den Interviews. Letztere heben sich optisch durch kurze Videosequenzen hervor und sind mit ihrer Dauer zwischen 3 bis 6 Minuten ein guter Einstieg in die Familienforschung.
Motivationsfaktor
Die Beschäftigung mit der eigenen Familiengeschichte in der Zeit des Nationalsozialismus ist nicht für alle, die sich auf den Rechercheweg machen, einfach, und kann mit Widerständen, Traumata, Scham und vielfältigen weiteren Gefühlen einhergehen. Dieser Umstand wurde bei der Entwicklung der Webseite berücksichtigt und mittels einer breiten Auswahl von Interviews (hier kommen z.B. Nachkomm_innen von Holocaust- Überlebenden, NS- Verfolgten, NS-Täter_innen, Psycholog_innen, Antisemitismusforscher_innen und Aktivist_innen zu Wort) aufbereitet. Auch der Zugang zur Recherchearbeit ist niedrigschwellig gestaltet, so dass Teilnehmende jeden Alters einsteigen können. Die eigentliche Herausforderung beginnt wahrscheinlich erst bei der Kontaktaufnahme mit dem entsprechenden Archiv. Einige Archive haben digitale Suchfunktionen, andere sind über ein Anmeldeformular oder eine Registrierung zugänglich. Das erfordert Zeit und eine vertiefte Beschäftigung mit dem Thema.
Unser Fazit
Was wa(h)r ist eine sehr gute Einstiegsplattform in die Recherche und ist sowohl für Jugendliche als auch für Erwachsene geeignet, mit oder ohne Wissen um die eigene Familiengeschichte. Allein die Auflistung von ca. 70 Archiven weltweit ist sehr hilfreich.
[1] Siehe https://waswahr.de/about